24.04.08

Der etwas andere Berufseinstieg



Das Projekt „Der erste Schritt“ beinhaltet die Produktion des Filmfeatures „Der erste Schritt – Jugendliche zwischen Schule und Beruf “ zu den Themen Berufseinstieg und Jugendarbeitslosigkeit. Darüber hinaus setzt das Projekt in der Umsetzung ein Zeichen und erprobt ein neues Modell des Berufseinstiegs, das im Folgenden vorgestellt werden soll.

Wie sehr es neuer Orientierungsmöglichkeiten sowie des Mutes zu kreativen Herangehensweisen bedarf, zeigt die gegenwärtige Situation am Arbeitsmarkt. Trotz vieler Reformen, Reförmchen und Umstrukturierungen wirkt er und die sich um und in ihm bewegende Politik oft wie ein Flickenteppich, ein Experimentierfeld verschiedenster Ideen. Der Einzelne sieht sich dem grenzenlos agierenden Markt nahezu schutzlos ausgeliefert und das daraus zwangsläufig erwachsende Gefühl von Unsicherheit ist besonders bei Jugendlichen zu finden: Wohin soll der erste Schritt führen, wo ist ein sicherer Weg?

Auch lässt der sich stetig wandelnde Arbeitsmarkt ein Vertrauen auf hergebrachte Denkweisen problematisch werden, denn es ist schon lange nicht mehr selbstverständlich, dass sich die Jugendlichen am Berufsleben ihrer Eltern oder gar ihrer Großeltern orientieren können. Basieren die hergebrachten Strukturen zumeist noch auf der Idee eines mehr oder weniger geradlinigen Ausbildungsweges, der in ein ebenso vorgezeichnetes Berufsleben führt, so ist heute ein hohes Maß an Kreativität und Flexibilität gefordert, ein Denken, das in der Lage ist, verschiedene Bereiche miteinander zu verbinden.

Während in manchen Bereichen des Experimentierfeldes 'Arbeitsmarkt' mehr oder weniger erfolgreich versucht wird, dem verunsichernden Auf-und-Ab von Krise und Hoffnung Herr zu werden, steht der Einzelne oft allein da. 'Maßnahme' folgt 'Maßnahme' und wieder sitzt man mit anderen in einem kahlen Raum vor leeren Tischen und hört jemandem zu, dem der Unglaube an den eigenen Motivationsmonolog ins Gesicht geschrieben steht.

Die Politik fordert 'Eigeninitiative' und 'Selbständigkeit', versäumt jedoch, ein unterstützendes Handeln zur Seite zu stellen, damit diese Begriffe nicht leer bleiben. Auch wird oft der Blick auf das Gesamtbild vernachlässigt. Krisenhafte

Situationen können nur dann gemeistert werden, wenn zugleich alle zur Krise führenden Probleme angegangen werden. Die Last der Verantwortlichkeit dem Einzelnen aufzubürden, ohne jedoch für die richtigen Rahmenbedingungen zu sorgen, ist kein gangbarer Weg, er führt zu Unmut und Frustration bei den Betroffenen. Politik und Wirtschaft sind ebenso Teil des Gesamtbildes. Es sollte begonnen werden, gewohnte Strukturen zu verändern und sie den neuen Gegebenheiten anzupassen und zugleich nach alternativen Modellen zu suchen.

Das Projekt „Der erste Schritt“ hat in seiner Umsetzung ein alternatives Modell erprobt: Das Filmteam wurde mit sieben Schüler/innen besetzt, die am Adolph-Kolping-Berufskolleg in Münster eine Ausbildung zu Gestaltungstechnischen Assistent/innen absolvieren. Diese sieben Schüler/innen im Alter von 18 – 19 Jahren haben den Einstieg in das Berufsleben unmittelbar vor sich und absolvierten in diesem Projekt ihr achtwöchiges Praktikum. Im Fall der ausgewählten Jugendlichen verlief das Praktikum nicht, wie üblich, in einem Betrieb oder in einer Agentur, wo ihnen ein Einblick in bestehende Arbeitsabläufe gewährt wird, sondern sie übernahmen bereits in ihrem Praktikum eine verantwortungsvolle Rolle und hatten so mehr Gelegenheit, ihre Fähigkeiten in der praktischen Umsetzung zu erproben. Das professionelle Leitungsteam, das den jungen Filmemachern mit Rat und Tat zur Seite stand, agierte im Hintergrund. Die klare Zielsetzung und die Übertragung der Verantwortung trugen maßgeblich zur Motivation der jungen Berufseinsteiger bei. Hinzu kommt, dass der Thematik des Filmes mit dieser Besetzung eine Authentizität verliehen wird, die mit einem professionellen Team nicht zu realisieren gewesen wäre.

Diese nicht von oben verordnete Eigenverantwortlichkeit und das selbständige Arbeiten sind Fähigkeiten, die der Arbeitsmarkt schon früh von jungen Berufseinsteigern fordert, doch meist besteht die Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt nur aus fiktiven Lernsituationen in der Schule oder anderen pädagogischen Zusammenhängen. Dies kann kaum mehr als ein Ausprobieren der geforderten Fähigkeiten sein, welches jedoch die praktische Umsetzung kaum ausreichend vorbereiten kann.

Die pädagogische Arbeit an den Schulen und im Elternhaus bietet den Heranwachsenden im Idealfall die notwendige Sicherheit und den Schutz, den diese brauchen. Dieser Rahmen lässt jedoch oft zu wenig Raum für die Ausbildung von eigenverantwortlichem und doch gemeinschaftlichem Handeln bei Kindern und Jugendlichen. Exemplarisch kann dies anhand folgender Aussage einer Praktikantin noch einmal verdeutlicht werden „Na klar haben wir auch an der Schule die Möglichkeit Projekte zu machen. Aber da kriegen wir den Arsch nicht hoch. Im Zweifelsfall ist eh der Lehrer Schuld.“ Das sind klare Worte, die jedoch gut und unverblümt zu erkennen geben, dass schulische Projekte kaum über die Institution hinaus Wirkung entfalten und den Realitäten des außerschulischen Bereiches oft nicht gerecht werden können. Als Folge davon verstehen sich viele Jugendliche meist eher als Konsumenten denn als tatsächlich selbständig handelnde Individuen. Wege und Möglichkeiten, dies zu ändern, ist das Hauptanliegen des Projektes.

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